Odin Wiesinger soll Mitglied des oberösterreichischen Landeskulturbeirates werden. Dafür nominiert wurde er von der FPÖ. Der Aufschrei ist groß, das künstlerische Œuvre des Innviertlers hingegen überschaubar. Wiesinger malt vor allem Cover-Bilder für FPÖ-nahe Medien, wie etwa für die mittlerweile eingestellte Aula. Er besuchte die Kunstuniversität Linz und war eine Zeit lang Assistent von Arnulf Rainer. Ob und wenn ja, welche Galerien ihn vertreten, liegt im Dunkeln. Breiter bekannt wurde Wiesinger als ihn Norbert Hofer im Präsidentschaftswahlkampf als seinen Lieblingsmaler bezeichnete. In einem älteren Interview mit Vice gab der Kunstmaler zu Protokoll: “Die gegenwärtige, offizielle ‘Kunst-Szene’? Kurz gesagt ist das zum überwiegenden Teil für mich die Diktatur des Hässlichen, Minderwertigen, Würde- und Maßlosen! Verschüttete und verschmierte Farbe nach Art der Primaten in der Malerei, Pornographie und Gestammel auf den Bühnen.” Damit liegt Wiesinger auf FPÖ-Linie. Diese betrachtet Kunst und Kultur in ihrem Parteiprogramm vorrangig als identitätsstiftende Maßnahme, die „unsere reiche und vielfältig abendländische Kultur pflegt“ und „Kulturdenkmäler erhält“. Dabei muss „die Muttersprache als wichtigstes kulturstiftendes Element geschützt werden“.
Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit
Der Rechten ist die kalkulierte Aufregung herzlich willkommen. Sie kann ihren kommunikativen Frame weiterschnitzen, dass man das Abendland erhalte, und sich als Opfer einer Kunstszene inszenieren, die nur ihresgleichen hätschelt und vor allem nach der Freiheit der Kunst rufen. Denn wenn sich ____________________________________________ (bitte ausfüllen: Staatskünstler/Subventionskünstler/links-versiffte Möchtegern-Künstler) kritisch mit der FPÖ auseinandersetzen, dann müsse dieses Recht auch umgekehrt für die Rechten gelten.
Die Freiheit der Kunst ist in Österreich, aber auch bei unserem Nachbarn Deutschland aus guten Gründen verfassungsrechtlich garantiertes Grundrecht. Der Staat darf Kunst nicht verhindern. Was wiederum Kunst ist, und was nicht, darf ebenfalls nicht von Staats wegen entschieden werden. Einer Arbeit, der man den Status des Kunstwerkes nicht zugesteht oder sogar aberkennt, wird nicht mehr durch das Grundrecht geschützt – und dann ist der Schritt zur Diffamierung als „entartete Kunst“ ein kleiner, Beschlagnahmungen oder Vernichtung nicht mehr länger ein Relikt aus der Vergangenheit.
Die Vendetta des verkannten Genies
Wenn nun ein drittklassiger Kunstmaler als eine von neun Personen seitens der Politik in einen Landeskulturbeirat entsandt wird, der sich wiederum aus insgesamt 25 Mitgliedern und weiteren 25 Ersatzmitgliedern zusammensetzt, dann ist sein Einfluss normalerweise als eher homöopathisch zu bewerten.
Wer jedoch eine dermaßen große Wut auf zeitgenössische Kunst in sich trägt, sich immer marginalisiert gefühlt hat, der macht ein Gremium, das die Weichen für die Zukunft der oberösterreichischen Kunst- und Kulturszene stellt, zu seinem Kampfgebiet.
Wer die Rektorin der Universität für Bildende Kunst in sozialen Netzwerken als „hässliches und dummes Stück Fleisch“ beschimpft, der wird es nicht schaffen, Förderkriterien ausgewogen zu gestalten.
Wer Bilderzyklen auch mal als „Endsieg“ betitelt, sendet ein klares Zeichen, dass sich der Wind für kritische Künstlerinnen und Künstler zum Stahlgewitter auswächst.
Blau-Schwarze Kulturpolitik bedeutet, dass die Kunst zum Schauplatz parteipolitischer Interessen wird und in vorauseilendem Gehorsam nur mehr produziert, inszeniert und ausgestellt wird, was nicht aneckt und nicht weh tut. Kärnten unter Haider hat es vorgemacht, die Strache-FPÖ und Kurz-ÖVP perfektionieren nun das System. Mit Besetzungen von Beiräten mit Menschen vom Schlage Wiesingers wird jede seriöse Kulturpolitik konterkariert. Und das ist erbärmlich für ein Land, das sich international so gerne als Kulturnation präsentiert.