Ich bin keine Querschnittsmaterie!

Frauenpolitik: Wie man in aller Unkonkretheit eine Themenverfehlung bastelt

Das „Sicherheitsgefühl von Frauen“ ist eine wichtige Angelegenheit für Sebastian Kurz, der zur Arbeitsplatzbeschreibung seiner neuen Frauenministerin Susanne Raab die „teilweise importierten Machokulturen“ hinzufügt, weshalb es eine praktische und völlig logische Sache sei, dass zukünftig die Frauenagenden im Integrationsministerium angesiedelt sind. Wenig später gibt Susanne Raab zu Protokoll, dass ihr noch nie Sexismus am Arbeitsplatz passiert wäre. Damit gehört sie zu einer Minderheit. Herzliche Gratulation!

Doppelseite Wohlfühl-Wischi Waschi

Im Kronen Zeitung-Interview mit Conny Bischofsberger bleibt Raab dann auf der Doppelseite ebenso vage wie große Teile des Regierungsprogramms. Dabei gäbe es viel zu tun. Eine der zentralen Fragen von Frauenpolitik ist die Bekämpfung der Altersarmut. Der Wille zur positiven Veränderung ist hier leider nicht zu erkennen. Dabei verdienen Frauen nicht nur im Erwerbsleben, sondern auch in der Pension deutlich weniger als Männer. Ihre durchschnittliche Pension ist um 36 Prozent geringer als die der Männer.

Kampfbegriff “Wahlfreiheit”

Der Hauptgrund dafür liegt in der vermeintlichen Wahlfreiheit, dem beliebtesten Kampfbegriff der Konservativen. Wie tibetanische Gebetsmühlen leiern sie von Wahlfreiheit und meinen damit eigentlich, dass es in Ordnung sein muss, wenn die Frau zu Hause bleibt, gerne auch über einen sehr, sehr langen Zeitraum.

Gerne verschweigen Konservative dabei, dass Frauen schlicht keine Wahlfreiheit haben, wenn es etwa nicht genügend Kinderbetreuungsplätze gibt. Vor allem im ländlichen Raum mit Bürgermeistern, die häufig nicht frei von tradierten Rollenzuschreibungen arbeiten, sind Frauen in eine Endlosschleife aus fehlender Kinderbetreuung und schlecht bezahlten Teilzeitjobs gefangen.

Politik muss Klartext sprechen

Als Liberale möchte ich keiner Frau vorschreiben, wie sie zu leben hat. Ich halte es aber für eine essentielle Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass Frauen ein selbstbestimmtes Leben führen können. Und das bedeutet auch, dass Frauen wissen müssen, was es bedeutet, wenn sie zu Hause bleiben möchten oder müssen. Frauen sollten auch unbedingt wissen, wie schmerzhaft die Teilzeitfalle zuschnappt. Beides bedeutet meist Armut im Alter. Es bedeutet, nicht zu wissen, ob und wie man sich seine Wohnung noch leisten kann. Es bedeutet, dass man die Pension nicht genießen kann, denn es fehlt einfach am Geld, um auch am sozialen Leben teilzunehmen, sich einen Kuchen im Kaffeehaus zu leisten, einen Ausflug in die Landeshauptstadt, eine Zugfahrt zu den weiter entfernt lebenden Enkelkindern.

Vernünftige Forderungen

Wir werden sehen, ob die Frauenministerin lieber weiterhin Begriffswolken produziert, statt Lösungen in die Cloud zu stellen. Unsere Forderungen, damit Frauen nicht weiterhin mehr als ein Drittel weniger Pension als Männer erhalten, liegen auf dem Tisch:

  • Die sofortige Einführung des automatischen Pensionssplittings: So können jene ihre Pension aufbessern, die wegen oft jahrelanger Hauptverantwortung in der Kinderbetreuung eine geringe Pension zu erwarten haben.
  • Die Abschaffung negativer Erwerbsanreize, wie etwa den Alleinverdienerabsetzbetrag, die vor allem Männer in Anspruch nehmen und so die ungleiche Arbeitsverteilung weiter fortschreiben.
  • Endlich Kinderbetreuungsplätze ausbauen, damit Frauen in all ihrer famosen Wahlfreiheit nicht an Haus und Herd gebunden sind.
  • Eine umgehende Angleichung des Pensionsantrittsalters: Frauen werden zu früh in Rente geschickt und das ist mitverantwortlich für den Gender-Gap bei den Pensionszahlungen.

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