Übermalt in RAL 9010
(im Frieden der Nacht)

Lawrence Weiners weithin über die Dächer der Stadt sichtbare Installation ist weg. Stattdessen erfahren wir, dass der Flakturm im Esterhazypark das Haus des Meeres beheimatet. Die Unterzeile verweist noch darauf, Erinnern im Innern zu betreiben.

Lawrence Weiners weithin über die Dächer der Stadt sichtbare Installation ist weg. Statt eines der wichtigsten Werke der Konzeptkunst, vor allem aber Mahnung und Erinnerung an Österreichs dunkelste Jahre zu sehen, erfahren wir jetzt am Flakturm im Esterhazypark, dass er das Haus des Meeres beheimatet. Die Unterzeile verweist noch darauf, Erinnern im Innern zu betreiben.

Als vergangenes Jahr ruchbar wurde, dass die Betreibergesellschaft Weiners Arbeit im Zuge eines Umbaus entfernen möchte, war die Stadtregierung mit starken Worten schnell zu Stelle. David Ellensohn von den Grünen etwa beteuerte: “Wir werden uns mit aller Kraft für den Erhalt des Kunstwerks einsetzen.“ Sobald sich der mediale Rauch verzogen hatte, war nicht einmal eine weitere Ankündigung zu hören.

Der Hinweis, dass der Turm das Haus des Meeres beheimatet, ist in seiner Profanität völlig jenseitig. Zu allem Überfluss lehnen sich auch Typographie und Farbgebung der Hinweistafel stark an Weiners Arbeit an. Die stille Entscheidung, eines der markantesten Werke im öffentlichen Raum auszuradieren und durch eine optische wie kontextuelle Beleidigung zu ersetzen, zeigt die Kleingeistigkeit der Verantwortlichen. Man versucht, das Ortsbild zu erhalten, damit einem die Bevölkerung nicht so schnell auf die Schliche kommt, tarnt und tut so, als ob. Wiener Kulturpolitik, das ist viel zu oft Laminat: Nicht nachhaltig, billig, tut aber so, als wäre es etwas Besseres.

Besonders schlimm wird es, wenn künstlerischer Anspruch an den Klippen der Magistratsämter zerschellt und der Kleingeist groß wird. Da wurden Zaha Hadids Entwurf für eine Wohnanalage am Donaukanal Gebäudestützen, kleinere Fenster und PVC-Böden verpasst. Praktisch, sicher und so hässlich, dass sich die Architektin vom eigenen Bau distanzierte. Da musste sich Boris Podrecca am Praterstern mit einem Bahnhofsentwurf des SPÖ-Haus- und Hofarchitekten Albert Wimmer herumschlagen – und zugleich erfolglos gegen magistratische Windmühlen kämpfen, die aus zarten Stelen und einem leichten Membrandach am Vorplatz ein plumpes Ungetüm bastelten. Da wird eine Gstettn auf der Mariahilferstraße umgestaltet – und prompt tauft sie die Bevölkerung „Yachthafen“ oder „Zahnstocherplatzl“, denn das beschreibt das merkwürdige Meer roter Stangen perfekt, die am nunmehrigen Christian-Broda-Platz herumstehen. Die Liste lässt sich lange fortsetzen und wird mit der jüngsten Zerstörung von Lawrence Weiners Werk am Haus des Meeres nicht zu einem Schlusspunkt kommen. Leider.

 

 

 

 

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